Die folgende kurze Darstellung zeigt eine mögliche Lösung für eine vertikale Antenne für alle oberen Kurzwellenbänder aufgrund von
baulichen Einschränkungen beim Erstellen einer Antenne an einem Gebäude.
Es liegen hier folgende bauliche Vorbedingungen vor:
6m über Boden besteht ein breite Metallverkleidung einer Terrassenbrüstung und der Terrassenecke. In der Ecke kann eine vertikale
Antenne angebracht werden, wobei ein direkter, einfacher Zugang zur Antenne besteht, was wiederum ein schnelle Längenveränderung der
Teleskopantenne erlaubt
(Bild 1).
Die Metallumfassung der Terassenbrüstung ist mit der
Blitzschutzanlage des Gebäudes verbunden. Die Blitzschutzanlage geht unten in das Metallgeflecht des Eisenbetons der Gebäudewanne
über (sogenannter Fundamenterder). Eine direkte Verbindung vom Eisen des
Eisenbetons ins Erdreich besteht nicht und es liegt somit auch keine richtige HF-Erdung vor (Bild
1, rechts).
Der Uebergangswiderstand zwischen dem Eisengeflecht
im Betonsockel und dem darumliegenden Erdreich ist nicht
bekannt.
Aufgrund der Umgebung bei und am Haus lassen sich nicht genügend Radials in
den dafür nötigen Richtungen aufspannen.
Gewünscht ist zusätzlich die Möglichkeit einer schnellen
Montage/Demontage der Antenne, die jeweils nur für die Dauer des
Betriebs in wenigen Minuten
aufgestellt oder demontiert werden kann. Die Längenveränderung
des Strahlers soll einfach und schnell erfolgen können. Bild 2 zeigt die
Antenne mit Masthalterung. Das ganze Gebilde kann in der
Brüstungsecke hinter dem Anpassnetzwerk einfach von oben her
eingesteckt werden (Bild 3 und 4).
Mögliches Antennenkonzept:
Aufgrund der obigen Bedingungen bietet sich als sehr gute Lösung eine vertikale, bezüglich Länge variable, Teleskopantenne an. Der Bandwechsel kann wegen dem leichten Zugang über die Terasse zur Antenne durch Verändern der Vertikalhöhe des Strahlers auf jeweils λ/4 des gewünschten Bandes (20m, 17m, 15m, 12m, 10m Band) erfolgen. Die Teleskopantenne lässt sich mit ineinanderschiebbaren Alurohren leicht realisieren (Bild
2).
Die Antenne kann entweder als erhöht aufgebauter Monopol, mit
dem gesamten Metallgerüst des Hauses und dem Eisen des
Eisenbetons der Gebäudewanne als Gegengewicht, betrachtet
werden. Ein zusätzliches Gegengewicht ist dann nicht da.
Alternativ können, aufgrund des 6m über Boden liegenden Speisepunktes der Antenne, vertikal nach unten hängende
λ/4-Drähte
(je einer pro Band) als Gegengewicht zum Strahler angebracht werden. Das Antennengebilde kann dann als Mischung eines Vertikaldipols
und einer geerdeten Groundplane angesehen werden. Die Antenne ähnelt
so einem vertikalen Dipol.
Für die Realisation stellen sich
folgende Fragen:
- Fusspunktimpedanz: von welchem Realwiderstand (bei Resonanz,
Strahlerlänge genau auf λ/4 eingestellt) muss am Fusspunkt des
Strahlers ausgegangen werden? Es handelt sich ja weder um einen
klassischen Monopol mit richtiger HF-Erde als Gegengewicht, noch
um eine klassische Groundplane und auch nicht um einen richtigen
Vertikaldipol.
Zudem: Ein gewisser Erdverlust dürfte vorliegen, aber wie gross
ist dieser und wie stark wirkt er sich aus?
- Verkürzungsfaktor des Strahlers: um welchen Betrag muss die
physische Länge des λ/4-Strahlers gekürzt werden? Der
Verkürzungsfaktor
vk ergibt sich ja aus der Dicke des verwendeten Aluminiumrohres und aus den Umgebungseinflüssen.
- Ist die Lösung als (erhöhter) Monopol allein besser, oder ist
die Lösung mit dem zusätzlichen Anbringen von vertikal
herunterhängenden λ/4-Drähten als Gegengewicht besser?
Bild 1
Bild 2: teleskopiebare Alurohre für den Strahler mit oben
isoliertem Halterungsmast
Bild 3: Der Strahler mit der Masthalterung,
hinter LC-Glied eingesteckt
Bild 4: Strahler ausgefahren und auf der LC-Einheit auf
die Sechskantmuttern eingesteckt (Detail im Bild 5)
Messungen vor Ort mit dem miniVNA pro,
Simulationen mit dem EZNEC und Messungen über SDR-Stationen
im Internet ergeben auf die obigen Fragen Folgendes:
Die Antenne mit den vertikalen λ/4-Gegengewichten (wie in Bild 1 gezeichnet),
welche annähernd als Vertikaldipol betrachtet werden kann,
wird hier genauer analysiert, Eine Simulation des erhöhten
Monopols mit dem EZNEC ist enorm schwierig. Nach vielen
Versuchen zeigte es sich, dass es fast unmöglich ist, die
Realität genau abzubilden. Schon kleine Veränderungen am
"Nachbau" des Metallgerüstes in der Simulation zeigen sofort
grosse Veränderungen an der Fusspunktimpedanz und der
Stromverteilung auf den Metallelementen. Dazu kommt, dass
der Uebergangswiderstand in die umgebende Erde nicht bekannt
ist. Ich beschränke mich deswegen auf die Analyse der Variante mit den
definierten Gegengewichten, was viel übersichtlicher ist.
|
Realwerte Fusspunktimpedanz
|
MHz
|
miniVNA
Messung an der Antenne
(mit den
λ/4-Gegengewichten)
Ω
|
EZNEC Pro/2+
Simulation Vertikaldipol inklusive Metallelemente
des Hauses; 6m über Boden
Ω
|
EZNEC Pro/2+
Simulation Vertikaldipol freistehend; 6m über Boden
Ω
|
14.175
|
81
|
95
|
110
|
18.1
|
78
|
87
|
96
|
21.2
|
61
|
76
|
90
|
24.95
|
72
|
84
|
91
|
28.5
|
65
|
95
|
92
|
Bei den Simulationen mit dem EZNEC Pro/2+ werden folgende
Parameter verwendet: Ground type: Real/High Accuracy;
Ground characteristic: Average; Strahler: Aluminium; Segment-Dicken von
18mm / 15mm / 10mm / 5mm; Gegengewicht isolierter
Kupferdraht 1.5mm.
Anmerkung zu den Messungen: der Realanteil des Fusspunktwiderstandes verändert sich im Uebrigen nur unwesentlich, wenn nur das Metallgerüst von Brüstung
und Blitzschutz allein als Gegengewicht verwendet wird.
Wie ist nun diese Fusspunktimpedanz zu interpretieren?
Bei einer Monopole-Antenne oder einer Ground plane würde man einen Realwiderstand von etwa 36 Ω erwarten. Da der Realanteil hier aber viel höher ist, könnte man
vermuten, dass es sich bei der Antenne mit dem einen vertikalen λ/4-"Radial" doch um einen vertikalen Dipol handelt, wobei der untenliegende Schenkel dann mittig "geerdet"
ist.
Simuliert man einen Vertikaldipol ohne Metallumgebung mit
den Parametern wie oben auf 6m über Boden, ergeben sich noch
höhere Realwiderstände (Spalte ganz rechts in der Tabelle
oben). Durch das Hinzufügen der
Metallstrukturen (mittlere Spalte in der Tabelle oben) nähern
sich die Werte den in der Realität gemessenen Fusspunktimpedanzwerten
an (ausser im 10m-Band). Das Metall am Haus führt zu einer
Verminderung der Fusspunktimpedanz des Vertikaldipols, was
auch zu erwarten war. Die Hausecke (Holz, darüber dünne
Steinfaserfassadenplatte) kann
nicht simuliert werden (würde die
Impedanz zusätzlich senken).
Obige Messungen deuten schon sehr stark darauf hin, dass
die Antenne mit dem λ/4-Gegengewicht einem Vertikaldipol entspricht. Das EZNEC zeigt,
- sowohl mit als auch ohne die Metallelemente- ,
bei beiden Simulationen einen im Betrag sehr ähnlichen
Strombeschlag auf den strahlenden Drähten. Durch das Aufrechnen der
leicht differenten Realwiderstände kommt man dann bei beiden Modellen
auf praktisch die gleiche eingespiesene Leistung. Dies würde
dafür sprechen, dass ein allfälliger Erdverlustanteil
weniger davon abhängt, ob der vertikale Dipol frei im Raum
ist oder mit den Metallelementen des Hauses verbunden ist.
Welche Variante, "erhöhter" Monopol oder "vertikaler Dipol" ist nun zu bevorzugen?
Einerseits ist die Simulation des Monopols mit dem EZNEC äusserst schwierig, wenn nicht unmöglich. Von Seiten der Simulation erhalten wir somit keine
Information, die uns bei der Entscheidungsfindung helfen könnte. Meine Messungen mit dem miniVNA am Monopol ergaben, dass auf 20m
der Strahler sehr stark
über λ/4 verlängert werden muss, um ohne Blindanteile resonant zu sein. Das Metall am Haus ist auf dem 20m Band hier ein ungeeignetes (nicht resonantes)
Gegengewicht. Zudem dürfte beim Monopol das Abstrahlungsdiagramm aufgrund der asymmetrischen Metallstruktur gegen Boden hin (Hausecke) nicht optimal sein.
Im Versuchs-
betrieb des Monopols (ohne die vertikalen Gegengewichte) ergaben sich auf einigen Bändern parasitäre HF-Wirkungen im Shack.
Die Variante mit den vertikalen resonanten Gegengewichten ist hier offensichtlich die bessere Lösung. Auch dürfte man damit einen kleineren Erdverlustanteil
zu erwarten haben als bei der unklar definierten "Erdung" der unteren Monopolhälfte von Metall am Haus und umgebender Erde.
Um die Frage nach einem Erdverlustanteil, respektive nach
dem Wirkungsgrad der Antenne, auf andere Art anzugehen,
wurde die Antenne auf dem 20m- und 17m-Band mit einer vertikalen endgespeisten λ/2-Antenne (auch mit LC-Anpassung) verglichen.
Der Vergleich ist wegen Folgendem aber eingeschränkt: der
endgespeiste
λ/2-Draht lag mehr als λ/4 höher über Boden und bei der
unteren Hälfte des Halbwellenstrahlers befanden sich keine
störende Hausecke und keine Metallabdeckung. Der Vergleich der Antennen erfolgte im Internet über KiwiSDR-Stationen in
Schweden, Irland und Spanien, mit jeweils Umschalten von einer Antenne zur anderen. Auf 17m fanden sich bei den Empfängerstationen kein S-Meter-Unterschied zwischen
der neuen Antenne und dem vertikalen λ/2-Strahler, auf 20m war die Antenne gleichauf oder bis maximal 1/2 S-Stufe schlechter als beim λ/2-Stahler. Falls bei der obig
beschriebenen
Antenne ein Erdverlust vorliegen sollte, kann dieser nicht sehr gross sein.
Der noch unbekannte Verkürzungsfaktor
vk ist einfach zu bestimmen: nach dem Einstellen der Rohrlänge auf die gewünschte Resonanzfrequenz
(Blindanteil um null beim Messen mit dem VNA) kann die eingestellte Rohrlänge des Strahlers gemessen werden und
der vk lässt sich nun
berechnen. Beim hier dargestellten Fall mit Rohrdicken
zwischen 18mm (unten) und 5mm (oben) zeigen sich, je nach gewähltem Band, Werte um etwa 0.94.
Für die Anpassung an das 50 Ω Koaxialkabel habe ich eine LC-Anpassung mit C in Serie und L parallel gewählt (Bild 5).
Damit ist der Strahler galvanisch geerdet und allfällige statische Aufladungen werden abgeleitet. Die Vorausberechnung der
LC-Anpassung mit dem Programm „kleiner Netzwerkanalysator“ von Walter, DL1JWD, zeigt, dass man mit einer für alle 5 Bänder gleichen,
also fixen Einstellung, mit 1 µH für die Spule und mit 330 pF für den Kondensator ein perfektes Resultat erreicht. Gegenbenenfalls
kann mit kleinen Aenderungen der Strahlerlänge noch feingetunt werden. So kann auf allen 5 Bändern zwischen 14 MHz und 30 MHz ein SWR
zwischen 1.0 und 1.2 erreicht werden. Ein Antennentuner ist nicht nötig. Der Verlust von HF durch Transport und Anpassung (Koaxialkabel
H155 von19 m Länge und CL-Anpassglied am Strahlerfusspunkt) beträgt übrigens 0.71 dB (davon 0.03 dB für die Anpassung und 0.68 dB für
den Transport im Koaxialkabel !)
Bild 5 links:
Auf die LC-Einheit kann der
Strahler direkt aufgesetzt
werden
(das Alurohr der Strahlerbasis passt
innen genau auf die
Sechskantmuttern)
Bild 6 rechts:
Das Alurohr des Strahlers ist auf die Sechskantmuttern
oben an der LC-Einheit aufgesetzt. Man sieht die parallel angebrachten,
nach der Brüstung vertikal nach unten hängenden Radials für die 5 Bänder sowie die
gleichzeitige Verbindung an die Masse der Metallbrüstung
Bei der dargestellten Lösung handelt es sich somit um eine, - pro Band einstellbare- , Monoband-Vertikal-Antenne, die am
ehesten einem vertikalen Dipol entspricht und schnell auf- und abgebaut werden kann.
Anmerkung zu den Simulationen mit dem EZNEC und zur Frage
"Vertikaldipol": Ich möchte hier auf das Buch von
Gerd Janzen, DF6SJ, mit dem Titel "Monopolantennen und
Vertikalantennen" (1999) hinweisen. Gerd zeigt in diesem
excellenten Buch wie mit Hilfe des Simulationsprogrammes
EZNEC Fragen zu Monopol- und Vertikalantennen sehr gut
analysiert werden können. Ein Muss für jeden, der diese
Antennstrukturen genau verstehen möchte. Die Simulation mit
Hilfe von PC und den modernen Analyseprogrammen eröffnet
hier ungeahnte Möglichkeiten. So wird z. B. in diesem Buch
gezeigt, dass bei mehreren Radials praktisch nur das im
gegebenen Fall resonante Radial Strom führt und somit
hf-mässig aktiv ist und andere, nicht resonante Radials, von
der HF wie "nicht beachtet" werden. Diese Erkenntnis konnte
ich auch im obigen Fall anhand einer Simulation bestätigen.
Die mit einem Abstand von wenigen
Zentimeter parallel herunterhängenden Radials (Bild 6)
stören sich gegenseitig nicht .
73, HB9AWJ, Giorgio ( Kontakt: hb9awj [at]
de-suisse.ch )